Normales Pankreas: links: Computer-Tomographie-Bild mit unauffälliger Darstellung der Oberbauchorgane; rechts: schematische Darstellung
Unter akuter Pankreatitis versteht man eine akute, das heißt, plötzlich einsetzende Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Es kommt zu einer Schädigung der Bauchspeicheldrüsenzellen, was zu einer vorübergehenden Funktionseinschränkung der Bauchspeicheldrüse führt. Je nach Schweregrad der Schädigung kann es auch zum Absterben von Bauchspeicheldrüsenzellen kommen. Dabei werden verschiedene schädigende Stoffe in den gesamten Körper abgegeben, die den Patienten lebensbedrohlich erkranken lassen. Im Krankheitsverlauf können auch andere Organe angegriffen werden und in ihrer Funktion eingeschränkt werden. Wir unterscheiden zwei Formen der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung:
1. Die akut ödematöse Pankreatitis
2. Die akut nekrotisierende Pankreatitis
Zu Beginn einer Pankreatitis ist es in der Regel nicht erkennbar, welche der beiden Erkrankungsformen vorliegt bzw. sich entwickelt. Deshalb müssen alle Patienten mit einer akuten Pankreatitis frühzeitig intensiv betreut werden.
Diese stellt die milde Form der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung dar. Etwa 85% der Patienten mit einer akuten Pankreatitis leiden unter diesem Krankheitsbild. Dabei kommt es nur zu einer vorübergehenden Schädigung der Bauchspeicheldrüse, wobei meistens keine anderen Organe in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Pankreas schwillt durch die Entzündung an, es treten vorübergehende Funktionsstörungen auf. In aller Regel erholen sich die Patienten vollständig und es entsteht keine Dauerschädigung der Bauchspeicheldrüse.
Oben links: Computer-Tomographie-Bild mit deutlicher homogener Vergrösserung des Pankreas bei ödematöser Pankreatitis; rechts schematische Darstellung.
Etwa 15% der Patienten mit einer akuten Pankreatitis leiden unter dieser schwersten Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Es kommt zu einer plötzlichen, breitflächigen Zerstörung von Bauchspeicheldrüsengewebe. Zudem kommt es häufig zum Versagen anderer Organe wie Lunge oder Nieren und damit zu einer akuten Gefährdung des Lebens. Auch wenn sich der Patient erholt, resultiert meistens eine lebenslange funktionelle Einschränkung der Bauchspeicheldrüse (Verdauungsstörungen, Zuckerkrankheit). Je mehr Bauchspeicheldrüsengewebe zerstört worden ist, desto größer der Funktionsverlust. Außerdem kann das abgestorbene Gewebe zu Problemen im Bauch führen, oft bilden sich Pseudozysten, Abszesse oder Passagebehinderungen im Gallengang, Magen oder Darmverlauf. Diese Komplikationen müssen dann je nach Ausmaß individuell behandelt, oft auch operiert werden.
Oben links: Computer-Tomographie-Bild mit Nekrosezone; rechts schematische Darstellung
Grundsätzlich gibt es eine lange Liste möglicher Gründe für eine akute Pankreatitis. Allerdings sind in Mittel- und Westeuropa Gallensteine und der Alkoholexzess für etwa 80% der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündungen verantwortlich. Alkohol und seine Abbauprodukte schädigen das Pankreasgewebe direkt. Wenn Gallensteine aus der Gallenblase in den Galleausführungsgang gelangen, können diese kurz vor der Einmündung in den Zwölffingerdarm den Bauchspeicheldrüsengang verstopfen, was dann eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung auslösen kann. Neben diesen häufigsten Gründen gibt es weitere seltene Ursachen, wie Infektionskrankheiten, verschiedene Medikamente, Fehlbildungen im Bereich der Pankreasgänge, Stoffwechselstörungen, Erbfaktoren usw. Schlussendlich gibt es auch einen kleinen Teil von Patienten, bei denen eine Ursache für eine Pankreasentzündung bis heute nicht ermittelt werden kann.
- plötzlicher Beginn
- Stärkste, dumpfe Oberbauchschmerzen (oft gürtelförmig in den Rücken ausstrahlend)
- Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl
- Fieber
Die Behandlung der akuten Pankreatitis richtet sich nach den Beschwerden des Patienten. Je nach der Verlaufsform (milde oder schwere Form) unterscheidet sich die Therapie. Grundsätzlich sollte jeder Patient mit akuter Pankreatitis in einer Klinik überwacht und behandelt werden. Dort wird der Patient zunächst nüchtern bleiben, um damit die Bauchspeicheldrüse ruhig zu stellen. Der Patient wird Schmerzmittel und Infusionen erhalten. Zudem wird man den Kreislauf, die Lunge und die Niere sorgfältig überwachen. Je nach dem weiteren Verlauf kann der Patient früher oder später mit einem Kostaufbau beginnen. Sollte sich eine schwere Form der akuten Pankreatitis abzeichnen, wird man den Patienten auf die Intensivstation verlegen. Hier wird situationsabhängig die Behandlung der Organstörungen vorgenommen und überwacht.
Eine Operation bei schwerer akuter Pankreatitis ist bei ungefähr jedem dritten Patienten notwendig. Verschlechtert sich der Zustand und wird eine Infektion oder Blutung im abgestorbenen Pankreasgewebe nachgewiesen, ist eine Operation erforderlich. Dabei wird man den Bauch durch einen Längsschnitt in der Mitte eröffnen, und die infizierten abgestorbenen Bauchspeicheldrüsenteile entfernen. Schließlich werden mehrere Schläuche (Drainagen) eingelegt, durch die der Raum um die Bauchspeicheldrüse ausgespült wird, um somit eine weitere Infektion zu verhindern. Bei einem schweren Verlauf der akuten Pankreatitis kann es zu einem mehrwöchigen Aufenthalt im Krankenhaus kommen.
Neben der Behandlung des akuten Beschwerdebildes ist es nötig, die Ursache der akuten Pankreatitis zu ermitteln. Sollte ein Gallengangstein für das Entstehen des Krankheitsbildes verantwortlich sein, wird man diesen so früh als möglich mit Hilfe einer ERCP entfernen. Danach können das Sekret der Bauchspeicheldrüse und die Gallenflüssigkeit wieder in den Zwölffingerdarm abfließen. Der Schädigungsmechanismus wird unterbrochen. Nach dem Ausheilen der akuten Gallenstein-Pankreatitis muss die Gallenblase entfernt werden. Meistens geschieht dies mit Hilfe der sogenannten Schlüsselloch-Chirurgie (laparoskopische Cholezystektomie).
Im Rahmen einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung wird man den Patienten immer nach seinem Alkoholgenuss fragen. Es gibt Menschen, die durch eine gesteigerte Empfindlichkeit, auch bei mäßigem Alkoholgenuss, eine solche Entzündung entwickeln können. Andererseits gibt es übermäßige Trinker, die niemals eine akute Pankreatitis bekommen. Wie auch immer, es ist absolut lebenswichtig, dass nach einer akuten Pankreatitis, zumindest vorübergehend, kein Alkohol mehr getrunken wird.
Neben den funktionellen Schäden an der Bauchspeicheldrüse, wie Minderung der Verdauungsleistung, durch die Unterproduktion von Verdauungsenzymen im Restpankreas, sowie einem sich neu entwickelnden Diabetes mellitus auf Grund einer verminderten Bildung von Insulin, können folgende Probleme auftauchen:
1. Pseudozysten-Ausbildung
Aufgrund der Gewebeschädigung der Bauchspeicheldrüse mit dem Absterben ganzer Drüsenabschnitte kann es zu einem Einriss im Pankreasgangsystem kommen. Das austretende Pankreassekret oder Blut sammelt sich in oder um die Bauchspeicheldrüse an. Diese Ansammlungen von Pankreassaft, Blut und abgestorbenem Gewebe, die abgekapselt im oder am Pankreas vorkommen, werden Pseudozysten genannt. Oft verschwinden Pseudozysten ohne Therapie im weiteren Verlauf. Allerdings gibt es Pseudozysten, die immer größer werden und schließlich auch zu Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen und Gewichtsverlust führen können, auch eine Passagebehinderung des Speisebreis im Magen, Dünn- oder Dickdarm oder eine Behinderung des Galle-Abflusses kann vorkommen. Schließlich besteht die Gefahr, dass sie zerplatzen und sich ihr Inhalt in den Bauchraum entleert. Bei symptomatischen Pseudozysten ist in der Regel eine Operation erforderlich. Dabei wird ein Teil des Dünndarms eröffnet und auf eine solche Pseudozyste aufgenäht, damit der Zysteninhalt ungehindert direkt in den Darm abfließen kann. Oft kann man auch endoskopisch eine Drainage erreichen.
2. Pankreasabszess
Gelegentlich kann es nach dem Abklingen des akuten Entzündungsschubes zu einer Ansammlung von Eiter in der Umgebung des Pankreas kommen. Dieser kann immer wieder zu Fieberschüben führen. Oft gelingt es, den Abszess unter lokaler Betäubung und unter Röntgenkontrolle (Ultraschall oder CT) zu punktieren und einen Katheter einzulegen, damit der Eiter abfließen kann. Gelingt dies nicht, ist eine Operation notwendig. Zusätzlich muss vorübergehend mit Antibiotika behandelt werden.
Bei Patienten, bei denen ein Teil oder sogar die ganze Bauchspeicheldrüse entfernt werden musste, kann es je nach Ausmaß der Entfernung zu einer Funktionseinschränkung der Bauchspeicheldrüsenfunktion kommen. Dabei stehen folgende zwei Probleme im Vordergrund:
- zu wenig Pankreasenzyme (führt zu Verdauungsproblemen)
- zu wenig Insulin (führt zu hohem Blutzucker)
Diese Mangelzustände können mit entsprechenden Medikamenten ausgeglichen werden.
Pankreasenzymsubstitution
Heute sind Präparate auf dem Markt, die die eigenen Enzyme des Pankreas ersetzen (z.B. Kreon). Diese Enzympräparate müssen zu allen Hauptmahl-zeiten und auch bei Zwischenmahlzeiten ("Snacks") eingenommen werden. Die nötige Dosierung ist von Patient zu Patient unterschiedlich und richtet sich nach der Nahrungszusammensetzung und nach dem Beschwerdebild des Patienten. Entscheidend ist, dass unter dieser Therapie ein Völlegefühl und die Durchfälle mit Fettauflagerungen verschwinden. Typischerweise müssen zu den Haupt-mahlzeiten mehr Kapseln eingenommen werden als zu den Zwischenmahl-zeiten. Wichtig ist, dass die Pankreasenzyme mit der Nahrung in Kontakt kommen, damit sie ihre Wirkung erfüllen können. So werden pro Tag zwischen 6-12 Kapseln benötigt. Allerdings kann die Anzahl auch bedeutend höher oder niedriger sein, je nach noch vorhandener Restfunktion der Bauchspeicheldrüse und dem Präparat, das in sehr unterschiedlichen Enzyminhalten angeboten wird.
Diese Präparate sind meistens sehr gut verträglich und haben praktisch keine Nebenwirkungen. Ganz selten kann es zu einer allergischen Reaktion kommen.
Insulinsubstitution
Sollten sich nach der Bauchspeicheldrüsenkrankheit oder der Operation hohe Blutzuckerwerte zeigen, ist es notwendig, eine entsprechende Blutzuckertherapie durchzuführen. Anfänglich, und bei nicht stark erhöhten Blutzuckerwerten, kann dies mit Hilfe von angepasster Nahrungsaufnahme und Tabletten erfolgen, die den Glukosespiegel beeinflussen. Allerdings wird durch den Wegfall der insulinproduzierenden Zellen im Pankreas meistens eine Insulinbehandlung notwendig. Für die Insulinbehandlung stehen heute die verschiedensten Insulintypen zur Verfügung, die es erlauben, die Therapie sehr individuell zu gestalten. Es kann speziell auf Ernährungsgewohnheiten geachtet werden. Ziel einer jeden Therapie ist dabei das persönliche Wohlbefinden und eine gute Einstellung des Blutzuckerwertes. Damit können schwere Folgeschäden in der nahen und fernen Zukunft vermieden werden. Besonders in der Anfangsphase ist eine engmaschige Betreuung durch den Hausarzt oder Spezialisten erforderlich.
Es ist möglich, dass im Rahmen einer Bauchspeicheldrüsenoperation die Milz mitentfernt werden musste.
Man kann ohne Milz leben. Die Milz spielt eine Rolle in der Immunabwehr des Menschen. Ohne Milz ist man empfindlicher für bakterielle und andere Infektionen. Bestimmte bakterielle Erkrankungen können bei diesen Menschen zu lebensgefährlichen Erkrankungen werden. Um die Patienten davor zu schützen, sollte man nach der Operation eine entsprechende Impfung erhalten. Hier sind besonders die Pneumokokken-Infektion und die Schutzimpfung vor dieser Erkrankung zu nennen. Nach etwa 3 bis 5 Jahren müssen nach den heutigen Richtlinien diese Impfungen wiederholt werden. Jeder Patient sollte beim Auftreten einer Infektion und Fieber den Hausarzt aufsuchen und diesen auf die Tatsache aufmerksam machen, dass er keine Milz mehr hat. Dieser wird dann entscheiden, ob eine antibiotische Therapie notwendig ist.
Nach Milzentfernung kann es zu einem Anstieg der Blutplättchen (Thrombozyten) kommen. Es ist sinnvoll, diese regelmäßig zu kontrollieren. Bei zu hohen Blutplättchenzahlen im Blut kommt es zu einer Thromboseneignung. Bei einem entsprechenden Wert, wird Ihnen Ihr Arzt vorübergehend Medikamente verordnen, um die Thrombosegefahr zu verringern.